Aus dem Leben eines Rettungshundeführers
von Gernot Sieger

Das Telefon klingelt und ich schrecke aus dem Schlaf hoch. Ich schaue auf die Uhr, 1 Uhr 50. Ich nehme ab. Am anderen Ende der Leitung trällert mir fröhlich ein Kollege einer Flächensuchhundestaffel entgegen: „Du weißt, was es heißt, wenn ich Dich um die Uhrzeit anrufe, oder?“
„Ey,“ denke ich übellaunig, „ich habe keinen Bock auf fröhliche Ratespielchen. Sag einfach was und wo, und wir kommen.“ Im Telefonat erfahre ich, dass seit Nachmittags eine Rentnerin vermisst wird. Und ich erhalte einen Treffpunkt. Danach sende ich den Alarm für die Staffel raus. Einige Kollegen muss ich trotzdem anrufen, habe wortkarge, aus dem
Tiefschlaf gerissene Personen am Telefon. So wie ich mich auch fühle. Der Einzige, der fröhlich um mich herumhüpft, ist Lando. Er weiß, gleich geht es los, dann darf er suchen. Ich ziehe mich an, packe die Klamotten, mache gleichzeitig einen Kaffee für die Fahrt, dann geht es los.
Auf dem Weg über die Autobahn steigt zum Glück der Adrenalinpegel so hoch, dass Müdigkeit und schlechte Laune wie weggeblasen sind, als ich an der Einsatzstelle angekommen bin. Schnell eine rauchen um von der Fahrt runterzukommen, gleichzeitig erhalte ich eine Einweisung. Die Kollegen haben bereits Geruchsträger gesichert, also kann ich sofort loslegen. Ich mache Lando bei 2 Grad und leichtem Regen fertig und wir beginnen die Suche. Nach 20 Minuten stehe ich an einem großen Waldstück und Lando scheint nicht mehr weiter zu finden. 5 Minuten später endet dort auch die Spur für eine Kollegin, welche mit ihrer Hündin meine Suche abgesichert hat.
Wir informieren die Einsatzleitung, jetzt schlägt die Stunde der Flächensuchhunde. Die Einsatzleitung und die Rettungshundestaffeln werden an unseren Endpunkt verlegt. Ca. 15 Minuten später laufen Hundeführer mit ihren Hunden, welche Kenndecken mit Lampen und Glöckchen tragen, in Richtung Wald und machen sich auf die Suche. Einige Mitglieder unserer Staffel gehen da als Suchgruppenhelfer mit, wir anderen sitzen neben der Einsatzleitung im Betreuungszelt, nass, durchgefroren und trinken Kaffee. Auch eine gute Stunde später gibt es noch nichts Neues, Suchteam für Suchteam kehrt erfolglos zurück.
„In meinem nächsten Leben spiele ich Schach oder sammle Briefmarken“, sage ich sarkastisch zu meinem stellvertretenden Staffelleiter, der mich wissend angrinst. In dem Moment knackt das Funkgerät. „Hilflose Person im Suchgebiet gefunden. Person lebt!“, quäkt es aus dem Lautsprecher. Jubel brandet auf, die ganze Anspannung der letzten Stunden schlägt in Freude um. Die Einzigen, die jetzt noch hektisch arbeiten, sind die Personen in der Einsatzleitung. Sie müssen die medizinische Versorgung der gefundenen Person organisieren.
Als ich eine gute Stunde später nach Hause fahre, um zu duschen und dann arbeiten zu gehen, weiß ich eines ganz sicher: „Auch in meinem nächsten Leben werde ich nachts irgendwo nass, todmüde und verfroren in irgendeinem Zelt sitzen und hoffen, dass meine Arbeit dazu beigetragen hat ein Menschenleben zu retten!“
Und wenn Sie jetzt sagen, dass Sie sich mit diesem Bericht identifizieren können, sich vorstellen können so Ihre Freizeit zu verbringen, sollten Sie uns ansprechen. Wir sind immer auf der Suche nach neuen Hundeführern und Helfern!
